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Gstaad I: Hotel Bernerhof

by bob. Lesezeit: almost 6 minutes.

Ich habe da so eine Idee für eine Serie von Posts. Bei einem guten Glas Rotwein (Le Bernardin von Bernard Ravet aus Morges) denke ich darüber nach, was ich so geniesse: Da sind sympathische und interessante Menschen, gutes Essen, gute Hotels, Joggen, Wandern, die Berge, das Meer – und all das findet man hier in Gstaad. Ich sitze in der Gaststube des Hotels Bernerhof in Gstaad, also beginne ich die Serie mit dem Bernerhof – meinem Lieblingshotel.

Bevor ich anfange meine schier grenzenlose Begeisterung für den Bernerhof zu teilen, muss ich aber ein dunkles Geheimnis gestehen; etwas, das mich sonst wieder wochenlang nicht schlafen lässt: Ich habe schamlos übertrieben – man könnte fast sagen: «gelogen». Hier gibt es kein Meer. Selbst bei bester Sicht lässt sich in der Ferne keine Küste erkennen und die Formulierung «Strand in Laufdistanz» wäre sogar für die Spanienprospekte aus dem Reisebüro eine zu dreiste Lüge. Aber der Rest ist die Wahrheit, nichts als Wahrheit.

Jetzt, wo ich mir das von der Seele geschrieben habe, kommen wir zum Bernerhof.

Hotel Bernerhof in Gstaad

Bank vor dem BernerhofWie bin ich zum Bernerhof gekommen? Das Ganze fängt mit einer neumodischen Idee an: Thomas Frei, der Wanderhotelier (@Wanderhotelier / Blog) ist im Bereich «Social Media» recht aktiv und organisierte bereits im 2012 ein Tweetup in Gstaad. Einige Leute, denen ich auf Twitter folge (Nicole Blum, David Blum, Karin Friedli, Michael Krautwasser, Helmut Gehrer und viele andere) schwärmten auf Twitter von Gstaad, dem Hotel und den Hoteliers Thomas und Brigitte Frei.

Anfang 2013 war es dann bei mir so weit, dass ich wieder mehr Leben neben dem Job wollte und eine Destination für schöne und entspannte Wochenenden suchte. Da fiel mir der Bernerhof ein – auch weil ich Thomas inzwischen auf Twitter folgte und er mir immer wieder mit seinen mitunter streitbaren, aber immer schlüssigen Meinungen positiv aufgefallen war. Auf der Webseite sah ich dann unter anderem ein Angebot für eine Seniorenwanderwoche. Mit 39 war ich noch nicht bereit, mich dieser Zielgruppe zurechnen zu lassen (jetzt grade wäre der Widerwillen nicht mehr ganz so gross). Aber meine schwärmenden Bekannten sah ich auch nicht unbedingt als «Senioren». Also gab ich mir einen Ruck und buchte für das Wochenende.

Und weil ich ja gerne sportlich wäre, schickte ich noch eine Mail hinterher und fragte nach Streckenvorschlägen zum Joggen – irgendwo zwischen sechs und zehn Kilometern. Thomas antwortete selber und schlug vor, das am Freitag direkt anzuschauen. Seine Frau Brigitte jogge sehr viel und wüsste sicher die eine oder andere Strecke.

Das Hotel Bernerhof in GstaadAls ich dann am Freitagnachmittag in Gstaad ankam, war ich zunächst angemessen beeindruckt von der Kulisse. Es ist einfach extrem schön. An der Rezeption musste ich meinen Namen nennen und einen Meldezettel ausfüllen – übrigens kennt man dort seitdem meinen Namen und es gibt keinerlei Formalitäten mehr. Anschliessend überreichte die sympathische junge Dame einen mit meinem Namen beschrifteten Briefumschlag – handschriftlich, mit Füllfederhalter. Darin fand ich ein kurzes, ebenfalls handschriftliches Willkommen und zwei Kartenausschnitte mit eingezeichneten Streckenvorschlägen und detaillierten Beschreibungen (muss ich erwähnen, dass auch diese handschriftlich waren?). Dieses hohe Mass an persönlicher und stilsicherer Betreuung nahm mich sofort für das Hotel ein.

Zu diesem Zeitpunkt war das eine Leistung. Als ich nämlich mein Auto auf dem (gratis-) Parkplatz für Hotelgäste abstellte (vom Bahnhof Gstaad wären es 30 Sekunden zu laufen), sah ich das Hotel von aussen. Neutral formuliert wirkt es sehr traditionell. Ich dachte nur «Mist, wenn das so ist, wie es aussieht, wird das kein Spass.» und die Seniorenwanderwoche mäanderte wieder durch meinen Kopf und sang ganz laut «Im Frühtau zu Berge».

Die Zimmer

Die neuen Zimmer im Hotel Bernerhof in GstaadDann fuhr ich trotz des aufmunternden Erlebnisses an der Rezeption immer noch etwas angespannt mit dem alten Fahrstuhl in meine Etage, ging durch einen eher altmodischen Gang zu meinem Zimmer, öffnete die Tür und mir entfuhr aus tiefstem Herzen ein «Holy Shit!» Das Zimmer könnte aus einem nagelneuen Londoner Boutiquehotel nach Gstaad teleportiert worden sein. Es war modern und geschmackvoll eingerichtet und hatte das schönste Bad, das ich bisher in einem Hotel gesehen hatte; schön im Sinne von modern, funktional, sauber, durchdacht. Anders als in Londoner Boutiquehotels hatte es hier aber auch noch genügend Platz.

Dann waren da all die vielen Details, die zeigten, dass hier jemand am Werk war, der selbst schonmal in einem Hotel übernachtet hatte:

  • gratis WLAN, nicht schnell, aber problemlos funktionierend und GRATIS
  • echte Kleiderbügel, nicht dieser diebstahlsichere Scheiss, bei dem die Klamotten mindestens einmal pro Aufenthalt auf dem Boden landen.
  • Steckdosen – ja, plural! Einige davon sogar neben dem Bett. Im Gegensatz zu vielen städtischen «Businesshotels» ist der Bernerhof in der Ära der Smartphone-Wecker angekommen. Man kann sein Telefon laden und sich von ihm wecken lassen – revolutionär. Ausserdem werden die Steckdosen nicht automatisch deaktiviert, wenn man das Zimmer verlässt. Man kann also tagsüber seine Gadgets aufladen, ohne daneben sitzen zu müssen.

Inzwischen weiss ich, dass ich damals Glück hatte. mein Zimmer war eins der kürzlich renovierten. Es gab noch altmodischere, die zwar ok sind, mich aber weniger begeistert hätten (obwohl für sie das selbe bezüglich WLAN, Kleiderbügel, Steckdosen, Durchdachtheit und Sauberkeit gilt). Stand heute sind fast alle Zimmer renoviert. Bis zum 16.05.2014 wurden auch alle Südzimmer im zweiten und dritten Stock renoviert. Nur Teile des ersten Stocks sind noch «alt».

Das Souterrain

Durch mein Erlebnis im Zimmer ermutigt, bin ich auf Erkundungstour durchs Hotel gegangen: Der Saunabereich mit Kneipp-Becken und Pool ist nicht riesig, aber gross genug (kein lieblos umgebauter Kellerraum) und vor allem neu und äusserst liebevoll und durchdacht gestaltet. Die Spielecke für Kinder hat mich sehr gereizt, aber mit 39 hatte ich schon die nötige Selbstbeherrschung und konnte mich halbwegs zurückhalten. Dann war da die SMOKING-Lounge (ja, ich rauche von Zeit zu Zeit gerne eine Zigarre), die mich an einen englischen Gentlemen’s Club erinnerte. Der Luftabzug vollbringt wahre Wunder: Es riecht nie nach abgestandenem Rauch. Die Auswahl an Zigarren, Whisky, Rum und anderen Spirituosen verlangt nach vielen Abenden um sich durchzuprobieren.

Die vier Restaurants

Das Regal mit den Ginsorten im Restaurant Basta by Dalsass im BernerhofAuch die umfangreiche und exquisite Karte in den beiden Restaurants Stafel und Gaststube (in der ich jetzt sitze) ist beeindruckend und verlangt nach Zeit und Musse. Die gemeinsame Küche ist sehr gut – sowohl bei den lokalen Spezialitäten, wie Oberländer Rösti, Tartar oder Käsefondue, als auch bei internationalen Klassikern. Der eigene Diätkoch hilft bei jeglichen Ernährungswünschen. Im Blun-Chi kann man zur Abwechslung sehr gut Chinesisch essen. Im Basta wird man von einer ausgezeichneten Gin & Tonic-Karte und dem begnadeten Koch Loris empfangen. Trotz der kleinen (aber feinen) Karte ist er offen und flexibel für alle Sonderwünsche und Ideen.

Man könnte also ein ganzes Wochenende oder länger hier im Hotel verbringen – wenn die Umgebung nicht so verdammt reizvoll wäre. Dazu komme ich dann aber in den Teilen II bis CDXXXVII der Serie.

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